Quelle: Klaus Wilting - Praxis für Supervision und Organisationsentwicklung - Fachberatung im Kinderschutz - Die insoweit erfahrene Fachkraft - Kinderschutz-Zentren - Weiterbildungskurs 2014 - LK MSH
"Qualität ist eine relative Größe und lässt keine allgemeingültige Definition zu. In der Jugendhilfe wird Qualität von den Beteiligten im Hinblick auf bestimmte Ziele ausgehandelt, definiert und beurteilt.".
Quelle: BMFSFJ. (2000). QS 28 - Materialien zur Qualitätssicherung in der Kinder- und Jugendhilfe - Leitfaden für Qualitätsbeauftragte. S.18. Berlin.
"'Qualität im Kinderschutz' ist eine Bezeichnung für die Güte einer humanen Dienstleistung, die im Kontext von Kinderschutzeinrichtungen erbracht wird - unter Berücksichtigung von ethischen, gesetzlichen, persönlichen, gesellschaftlichen, politischen und fachlichen sowie wissenschaftlichen Bewertungen.
Qualität ist insofern eine von Erfahrungen, Wünschen und Interessen, nicht zuletzt aber von bestehenden Wert- und Wissenssystemen abhängige Konstruktion.
Quelle: Wolf et al. (2013). Aus Fehlern lernen - Qualitätsmangement im Kinderschutz. S.270. Opladen: Budrich.
Eine Qualitätskonstruktion ist daher historisch immer relativ und ihre Akzeptanz ist umso größer, je mehr Menschen dieser Konstruktion zustimmen. Ihre Validität (ihr argumentatives Gewicht bzw. die Gültigkeit ihrer Setzungen/ Annahmen) erweist sich allein in der Praxis und gelegentlich auch in der wissenschaftlichen Überprüfung, deren Urteile freilich nicht für alle Zeiten gelten, sondern unter Berücksichtigung neuer Erfahrungen und eigener Erfindungen, Mittel und Möglichkeiten und nicht zuletzt neuer Wertsetzungen immer wieder aufs Neue überprüft werden müssen. Von daher wird verständlich, dass auch Qualitätsstandards nicht absolut gelten.
Qualitätsstandards sind Qualitätskonstruktionen (im Kontext von Kinderschutzpraxis) nach Maßgabe mehrseitig bestätigter fachlicher Kriterien, die dem aktuellen Stand guter oder gelingender Fachpraxis entsprechen. Sie machen deutlich, wo die fachlichen Messlatten gegenwärtig liegen, die man aber mit überzogenen Leistungsansprüchen nicht zu hoch hängen sollte, was nur zur Verstärkung von Abwehrreaktionen führen würde.
Qualitätsstandards gibt es nicht einfach, sie werden einem auch nicht einfach geschenkt, man muss sie entwickeln (am besten zusammen mit den anderen Akteuren im Feld). Sie selbst zu entwickeln, führt weiter, als wenn Qualitäts- entwickler, die von außen kommen, nur Anweisungen geben, was gute Fachpraxis ist und worauf es in der Praxis ankommt. Aber auch alle anderen Partner im Hilfesystem sind bei der Entwicklung und Umsetzung fachlicher Qualitätsmaßstäbe wichtig. Sie sind nur im Dialog zu entwickeln - im interessierten Austausch mit Hilfeteilnehmern, Fachkollegen, Leitungen, anderen Organisationen sowie mit Wissenschaft, Gesellschaft und Politik.
Quelle: Wolf et al. (2013). Aus Fehlern lernen - Qualitätsmangement im Kinderschutz. S.271. Opladen: Budrich.
Wenn wir von Qualitätsstandards sprechen, geht es uns nicht um die Standardisierung einer nur schwer zu steuernden und zu kontrollierenden komplexen humanen Kinderschutzpraxis, sondern um die Herausarbeitung gemeinsamer (inter-)professioneller und (inter-)organisationaler Leitorientierungen, miteinander getragener Visionen und konkreter Programm- und Methodenkonzepte.
Das heißt: mit Rückgriff auf die von uns im Projekt empirisch herausgearbeiteten Qualitätsindikatoren (vgl. Kap. 6.8) muss ein Weg des Qualitäts- und Fehlermanagements im kommunalen Kinderschutz gefunden werden, der es ermöglicht,
Quelle: Wolf et al. (2013). Aus Fehlern lernen - Qualitätsmangement im Kinderschutz. S.273. Opladen: Budrich.
Sechs Strategien kommen dafür nach Vorschlag des Münchner Kinderschutzforschers Heinz Kindler zur Weiterentwicklung der kommunalen Kinderschutzsysteme in Frage, wenngleich er nur zwei dieser sechs Strategien als empirisch gut begründet ansieht (Kindler 2010: 240ff.):
Quelle: Wolf et al. (2013). Aus Fehlern lernen - Qualitätsmangement im Kinderschutz. S.273. Opladen: Budrich.
Diese Strategien könnten unter Nutzung der Konzepte des Qualitäts- und Fehlermanagements des Kronberger Kreises für Dialogische Qualitätsentwicklung e. V, das auf drei Qualitätsebenen hin ausgerichtet ist, weiter konkretisiert und ausdifferenziert werden (Kronberger Kreis für Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen e.V. 2001: 22f.):
Quelle: Wolf et al. (2013). Aus Fehlern lernen - Qualitätsmangement im Kinderschutz. S.274. Opladen: Budrich.
Das Konzept berücksichtigt neben der Ebene der Strukturqualität (auf der die strukturellen Rahmenbedingungen und Ressourcen des Kinderschutz-Systems bzw. der Kinderschutzeinrichtung benannt werden) zehn Qualitätsdimensionen:
Quelle: Wolf et al. (2013). Aus Fehlern lernen - Qualitätsmangement im Kinderschutz. S.275. Opladen: Budrich.
Das deutsche Kinderschutz-System verfügt mit dem SBG VIII über eine demokratische partizipatorische gesetzliche Grundlage: Die Kinder- und Jugendhilfe ist verpflichtet, die Verwirklichung des Rechts junger Menschen sowie deren Entwicklung und Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu fördern:
Diese Zielbestimmung verbindet die Förderung günstiger Lebensumstände mit der konkreten Hilfe und Unterstützung von Eltern, Kindern und Jugendlichen, ohne die Schutzaufgaben des Staates zu vernachlässigen. Eine weitere gesetzliche Präzisierung durch methodische Vorgaben zur Fachpraxis in der Fallarbeit des Kinderschutzes (was ja nicht Aufgabe des Gesetzgebers sondern der am Kinderschutz beteiligten Profession und Wissenschaften, insbesondere der Sozialen Arbeit ist) würde die professionelle Autonomie der Fachkräfte sowie der sie tragenden Disziplinen jedoch nur noch mehr einschränken; dies aber macht aufgrund der starken Bürokratisierungstendenzen im Hilfesystem bereits jetzt den Fachkräften zu schaffen.
Quelle: Wolf et al. (2013). Aus Fehlern lernen - Qualitätsmangement im Kinderschutz. S.275. Opladen: Budrich.
Quelle: Klaus Wilting - Praxis für Supervision und Organisationsentwicklung - Fachberatung im Kinderschutz - Die insoweit erfahrene Fachkraft - Kinderschutz-Zentren - Weiterbildungskurs 2014 - LK MSH